Event-Report: Podiumsdiskussion: Einsatz von Algorithmen in der Arbeitsvermittlung: Die Digitalisierung als Chance und Herausforderung für die Arbeitswelt

30.04.2019

Die Digitalisierung führt zu tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitswelt und Arbeitsorganisation. Die durch den vermehrten Einsatz der Technologie verursachten Veränderungen manifestieren sich nicht nur in der Entgrenzung von Arbeitszeit und Arbeitsort sowie als Phänomen des plattformbasierten Arbeitens (gig economy, crowdwork), sondern auch in der Arbeitsvermittlung.

Daher lud das Institut für Innovation und Digitalisierung im Recht am 29. April zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Einsatz von Algorithmen in der Arbeitsvermittlung: Die Digitalisierung als Chance und Herausforderung für die Arbeitswelt" ein. Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Forgó durfte ein hochkarätiges Podium begrüßen.

Dr. Marius Wilk (Leiter des Büros des Vorstandes, Arbeitsmarktservice Österreich) gab einen Überblick über die wichtigsten arbeitspolitischen Instrumente. Erste IT-Systeme wurden schon vor 33 Jahren in der Arbeitsvermittlung eingesetzt, um offene Stellen mit Bewerberprofilen abzugleichen. 
Derzeit stark diskutiert wird die Einschätzung der Arbeitsmarktchancen. Weiters werden Entwicklung angestrebt, welche Instrumente der Arbeitsmarktförderung am meisten helfen. 

Univ.-Prof. Dr. Wilfried Gansterer (Dekan der Fakultät für Informatik, Universität Wien) gab kritisch zu bedenken, dass Algorithmen bestehende Vorurteile verstärken, wie er an Beispiel von Entscheidungssystemen in den USA (Freilassung auf Kautionen) illustrierte. Er wies aber auch auf neue Forschungsrichtung hin, die diese Systeme fairer machen sollen.

Algorithmische Entscheidungen werden bereits getroffen, so Ass.-Prof. Dr. Ben Wagner (Institute for Information Systems and Society, WU Wien). Er schloss an Professor Gansterer an und bemerkte, dass diese Systeme überall und mittlerweile normal geworden sind. Wagner zeigte anhand einiger Beispiele, wie fehleranfällig Algorithmen sind und wie schwierig es ist, diese Systeme wieder zu verändern. 

Unter die Schlagworte "Transparenz" und "Verantwortung" stellte Univ.-Prof. DDr. Matthias Karmasin (Institut für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung (CMC) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) seinen Vortrag. Als Problematik ortete er eine mögliche Scheinobjektivität, die letztendlich in der Ausrede "ich kann nichts dafür, es sagt der Algorithmus" münden könne. Karmasin fordert jedenfalls eine Auditierung und einen ethischen Code of Conduct für jene automationsbedingt getroffenen Entscheidungen, die zentralen Auswirkungen auf den Menschen haben. Es braucht neben Transparenz auch eine Klärung der Frage über Verantwortung: wem rechne ich Verantwortung zu? wer trägt diese? 

In der Arbeitswelt finden sich zahlreiche elektronische Hilfsmittel - von Zugangskarten zum Büro hin zu Bewerbersoftware in Personalabteilungen. Dr. Miriam Kullmann (WU Wien, Institut für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht) wies darauf hin, dass Algorithmen von Firmen als Betriebsgeheimnisse betrachtet werden. Neben arbeitsrechtlichen Bestimmungen wies sie auch auf den Datenschutz hin. 

Organisation - Kunde - Mitarbeiter: Mit diesen Schlagworten begann Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal (Institut für Arbeits- und Sozialrecht, Universität Wien) sein Statement. Er sieht in solchen Systemen die Möglichkeit, die Rationalität von Entscheidungen zu heben. Wichtig ist laut Mazal, das Hilfestellungsmerkmal des Instruments "Algorithmus" zu unterstreichen. Diese Systeme sollen den Menschen - Kunden wie Mitarbeitern - helfen, eine möglichst sachgerechte Entscheidung zu treffen. 

Die anschließende Diskussion - etwa zu Fragen der Gleichbehandlung in der Arbeitsvermittlung - konnte im Rahmen eines gemütlichen Ausklangs noch weiter intensiviert werden.

Foto: Markus Holzweber

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